Esterházy Péter: Harmonia Cælestis (141) (Harmonia Cælestis (141) Német nyelven)
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Harmonia Cælestis (141) (Magyar)Apámék hamar beletanultak a fizikai munkába. Képesnek bizonyultak rá, és akarták is. A pestiek többsége nem így gondolta. Megsértődtek, mert megsértették őket, a fizikai munkát meg lenézték. Apám, mondtam, nem nézett le semmit.
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Harmonia Cælestis (141) (Német)Meine Eltern fanden sich schnell in die körperliche Arbeit hinein. Sie erwiesen sich als dafür geeignet, und sie wollten sie auch. Die Mehrheit der Pester war anderer Ansicht. Sie waren beleidigt, weil man sie beleidigt hatte, und körperliche Arbeit verachteten sie. Mein Vater, wie ich schon sagte, verachtete nichts.
Man konnte sich schon am nächsten Tag als Hilfsarbeiter beim Kirchenbau melden, Merkwürdig, daß man das damals erlaubte, den Bau. Der Herr Priester wartete schon auf meinen Vater, empfing ihn extra, bot ihm Likör an und versuchte ihm vom vermeintlich niederen Mörtelmischen abzuraten. Woraufhin mein Vater füchsisch, spielerisch, er liebte solche Spiele, die feierlich rhetorische Frage stellte, ob es denn einen Unterschied zwischen Arbeit und Arbeit gebe, soweit sie der Herrlichkeit des Herrn diene, und ob es denn als Mitglied seiner Familie nicht seyne (nicht seine, seyne) Pflicht sei, das fortzuführen, was die Altvorderen Über Jahrhunderte taten, nämlich die Kirche zu unterstützen, wenn als Palatin, dann als Palatin, und wenn als Hilfsarbeiter, dann eben als Hilfsarbeiter. Hochwürden empfand diesen Gedanken als sehr edel und auf der Hand liegend, also tranken sie noch ein bißchen Magenwasser. Und dann nahmen sie auf dem Andris-Hügel und der Kuller Meierei zwei Felder in Halbpacht. Kartoffelhacken. (»Ein hübsches Frauchen sind Sie. Auf Ihren Steiß könnte man zwei Reihen Kartoffeln setzen.«) Sie kamen nach Hause gewankt, als wären sie betrunken. Die Handflächen wund, die Haut in Fetzen, an manchen Stellen his aufs Blut aufgeschürft – aber das konnte man wenigstens sehen, eine Wunde, die man verstehen, die man begreifen konnte. Aber was ist das, das mehr ist als Müdigkeit, mehr als Erschöpfung, was ist diese Niederlage durch den Körper, überhaupt, daß es nur den Körper gibt, und der Mensch gleichbedeutend mit seinem Körper ist, mit dem Schmerz, der Aussichtslosigkeit, was ist das? »Die Arbeit«, murmelte Tante Rozi, wie gewöhnlich dem Sparherd zu. Mein Vater tastete theatralisch sein Kreuz ab, als wäre er eine alte Frau. »Jajjaj, gleich sterbe ich!« Er versuchte zu lachen. Tante Rozi drehte sich nicht um, immer hatte sie etwas auf der Platt’n zu tun, denn auf der Platt’n gibt es immer was zu tun. »Sie sterbn scho nit«, gab sie gleichgültig wieder. »Was sagen Sie, Tante Rozi?« Mein Vater fuhr herum, er, der Konflikte nicht mochte und sich stets bemühte, ihnen aus dem Weg zu gehen oder sie zu schlichten. »Nur soviel, Herr Graf, daß Herr Graf von dem bisserl Krumpernhaun nit gleich sterben werden.« »Pscht, pscht«, zischelte Onkel Pista mit männlicher Feigheit dazwischen. »Was pitschern S’ mir da herum, ich wird’ mir doch von Ihnen nit den Mund verbieten lassen!« In meinen Augen war Tante Rozi eine: alte Frau, sie mochte um die Fünfzig gewesen sein, eine stämmige, vielberockte, Dutt tragende Bauersfrau. Ihr Gesicht glänzte vor Zorn. Ihre Augen glänzten immer, was sie verschönte oder zumindest von den anderen unterschied. »Wenn’s ein Graf is, dann ist’s ein Graf, und er ist ein Graf. Was wollen S’ denn?! Herr Doktor hier, Herr Doktor da, wen wollen S’ damit veralbern? Sich? Den da? Oder die Ávou?« Sie sprach Palóc-Dialekt, der auch meine Muttersprache wurde, die Ávó, Ávou, ou, es hat sich angehört wie Bellen, wie Jaulen. »Ein Graf.« Sie nickte und sah meinen Vater an, als würde sie kontrollieren, ob sie auch die Wahrheit sagte. »Ein Graf soll nit hacken.« Oder hat sie sich jetzt erst umgedreht? »Hacken ist nix für ein Herrn.« Stille. Als hätte sie gesagt, mein Vater und seine Sippe hätten hier nichts zu suchen. Mein Vater stand verlegen da, es gab niemanden, mit dem man sich hätte streiten können, es gab nichts zu sagen. »Aber Rozilein«, versuchte sich Onkel Pista, »der Herr Doktor… die sind nicht…« Er verstummte. »Was sind die nit?!« Die Frau fuhr ihn an, als wären meine Eltern gar nicht da. Meine Mutter lief weinend in die Stube, die voller Menschen (uns) war, also lief sie wieder hinaus, raus in den Hof, nach hinten in den Garten. Onkel Pista trippelte ängstlich auf der Stelle, als würde er Tanzschritte üben (Anfängerkurs), Tante Rozi sah sich den Amoklauf der jungen Frau mit Gleichmut an. »Was ist denn los, Tante Rozi«, flötete mein Vater. »Nichts», sie wandte sich wieder der Feuerstelle zu, »los ist gar nix, Herr Graf.« Darauf konnte man schon wieder nichts sagen. Eine gute Woche redeten sie außer dem Grüßen kein Wort miteinander. (Auch Onkel Pista nicht!) Meine Eltern gingen in der Früh auf den Kartoffelacker, wankten bei Sonnenuntergang herein, ihre Hände wickelten sie in Lumpen wie die Leprakranken, meine Mutter schob mit ihrem großen Bauch durch die Gegend, kochte draußen in der Sommerküche furchterregende Geschichten, sie wußte noch nicht, wie man aus nichts etwas kochen kann (man kann!), sie grüßten morgens, sie grüßten abends, sie baten um keine Hilfe und bekamen auch keine. Lange konnte das so nicht weitergehen, aber meine Eltern waren jung und in gewisser Weise verwöhnt, sie dachten, ihre Kräfte wären endlos. Und dann, eines Abends, als mein Vater in die Küche getaumelt kam, sagt Tante Rozi zum Sparherd: »Sie hacken zu schnell, Herr Doktor.« »Sollte ich langsamer?« »Nit langsamer, sondern gleichmäßig. Wie Ihr Herz schlägt, Herr Doktor«, und ihr Gesicht fing Feuer. Von da an half sie bei allem, wie man die Hacke halten und den Fußlappen wickeln maß, was man wirklich hacken muß und wo es ausreicht zu schaben, was eine Plattfußhacke ist und wie man kontrollieren maß, ob die Gans fett genug ist (unter dem Flügel, in der »Achselhöhle», da ist ein Puckel, erst dannl), und wie man Polenta machen muß. Und Langalló, eine Art Fladen. Und Pupora. »Man kann aus allem was zu essen fabrizieren, Lilike. Alles kann schmecken, glauben S’ mir, Alles!« sagte sie verzweifelt, und ihre Augen glänzten sehr. Und dann die Mohnditschel Wofür ich angeblich geschwärmt habe. Das hat mich am Leben erhalten oder was. »Ich kei’ dem Kleinen ein bissl Mohnditsche, Lilike.« Lilike dankte, sie wußte nicht, was Keien ist, Mein Vater wußte es, sagte es aber nicht. »Tante Rozi, könnten Sie mir zeigen, sagen, was bitte dieses Keien ist?« »Na, keim ist keien, da gibt’s nix dran zu zeigen.« Aber sie zeigte es dann doch. Sie schob ihre Zunge auf einmal wie eine Brotschaufel nach vorne, als hätte sie meiner Mutter die Zunge rausgestreckt, obwohl sie bloß wollte, daß meine Mutter sah, wie weit sie war. »Viel Speichel, Lilike, darauf kommt’s an, da wird die Keie schön weich, zart, seidenig sehn S’, Lilike.« Als wäre sie eine geborene Gräfin, dabei war sie’s nicht, fiel meine Mutter einfach in Ohnmacht, Daß ihr eingeborenes Söhnchen dieses ekelerregende, dunkle (der Mohn!) Geschlabber… Mein Vater nahm sie auf den Arm und trug sie lächelnd (sehen wir den Tatsachen ins Auge: johlend) hinaus, wie ein sozialistischer Gregory Peck. Später wuchs sich auch meine Mutter zu einer bedeutenden Keierin aus.
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